Nach der Europawahl ist eine ernsthafte Diskussion über eine mögliche CO2-Steuer in Deutschland entstanden. Experten, Politiker und weitere gesellschaftliche Gruppen setzen sich über die verschiedenen denkbaren Varianten auseinander. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung hat sich auf ihren Wunsch vor wenigen Wochen geäußert. Er hat eine CO2-Steuer auf Kraftstoffe und Heizöl wohlwollend als schnellen Weg zu den Klimazielen der Regierung bezeichnet, aber gleichzeitig die systematische Ausweitung des EU-Emissionshandels als den langfristig richtigen Weg bezeichnet. Im Zuge der Verteuerung von CO2 sollten die Bürger an anderer Stelle entlastet werden. Vertreter von bedeutenden europäischen Wirtschaftsunternehmen äußern sich uneinheitlich.

Die Industriestaaten müssen handeln

„Wir brauchen in Europa oder in allen Industriestaaten eine CO2-Steuer, die berechenbar langfristig steigt“, sagte Frank Appel, Chef der Deutschen Post, der „Rheinischen Post“. „Dann können sich Konsumenten und Unternehmen in ihrem Verhalten anpassen und gezielt in Anlagen investieren, die den Ausstoß von CO2 begrenzen.“

Volkmar Denner, der Chef des weltgrößten Automobilzulieferers Bosch, schreibt im Unternehmensblog: „Technologie-Offenheit ließe sich über die CO2-Bepreisung fördern, etwa über eine Steuer auf die Treibhausgas-Emission“. Er schränkt ein: „Die CO2-Bepreisung allein wird nicht zur Klimaneutralität in allen Wirtschaftssektoren führen. (…) Es braucht flankierende Maßnahmen. Zum Beispiel könnten die Einnahmen aus der Steuer wieder in die Verkehrswende investiert werden.“

Eine internationale Verantwortung

Zurückhaltend zeigt sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr gegenüber der Schweizer Zeitung „NZZ am Sonntag“: „In Deutschland haben wir bereits eine CO2-Steuer, übrigens deutlich höher als die jüngst für Frankreich angekündigte. Sie heißt lediglich Luftverkehrssteuer“. Die Konkurrenten für die Langstrecken säßen heute in der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder, für Flüge über den Nordatlantik, in den USA. Die alle erhöben bestimmt keine CO2-Abgaben. „Dadurch schadet man nur den europäischen Fluggesellschaften und Volkswirtschaften. Das Klima schützen wir damit nicht.“

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert eine internationale Lösung. Notwendig sei ein „sektorübergreifender und mindestens EU-weiter Ansatz“, sagte Präsident Bernhard Mattes. „Damit können die CO2-Emissionen effizient und nachhaltig gesenkt werden.“

Auch große Konzerne unter den Befürwortern

Bereits im Juli 2018 hatte die „Alliance of CEO Climate Leaders“ die politischen Führer der Welt in einem offenen Brief zum Handeln aufgefordert. Die Produktion von CO2 müsse teurer werden. Unter den 50 Unterzeichnern: AXA, ABB, Heineken, UBS, Unilever.

Der öffentlich-rechtliche französische Pensionsfonds ERAFP schlägt vor, dass Unternehmen grundsätzlich ihren CO2-Fußabdruck veröffentlichen sollten.

Unilever fordert für die Konsumgüterindustrie: „Viele der Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeiten liegen außerhalb unserer direkten Kontrolle, daher müssen wir die Regierungen beauftragen, ein Umfeld zu schaffen, das die Bewältigung der großen Herausforderungen der Nachhaltigkeit in der Welt unterstützt.“

Sogar der britische Ölkonzern BP unterstützt die Verteuerung fossiler Brennstoffe im Grundsatz. CEO Bob Dudley sagte im Gespräch mit dem „Christian Science Monitor“: „Ein globaler CO2-Preis würde dazu beitragen, die Marktkräfte zu mobilisieren und die richtigen Anreize für alle zu schaffen, ihre Verantwortung wahrzunehmen.“