Jeder, der als Kind einmal auf einem Tretroller fahren durfte, oder gar selbst ein solches Vehikel besaß, erinnert sich an dieses Gefühl der grenzenlosen Freiheit und Unabhängigkeit, das sich einstellte, sobald man das Gefährt bestiegen und in Schwung gebracht hatte.
Der Klassiker war aus Holz und besonders in den Nachkriegsjahren bei Kindern äußerst beliebt. Einen neuen Boom erlebte der Holz-Tretroller dann vor etwa 25 Jahren mit dem aufkommenden Umweltbewusstsein junger Eltern und einer zu dieser Zeit gerade einsetzenden Vorliebe für nachhaltiges Kinderspielzeug.

Eine neue Entwicklung

Etwa um die Jahrtausendwende setzte eine neue Entwicklung ein. Der Roller wurde nun aus Aluminium gebaut, war dadurch wesentlich leichter und nun auch handlich zusammenklappbar. Bei Kindern und Jugendlichen wurde der Kick-Roller in dieser Zeit zum Trend-Objekt.
Es folgten viele mehr oder weniger erfolgreiche Versuche, den Roller zu motorisieren, und somit auch für Erwachsene attraktiv zu machen. Einen wichtigen Durchbruch schaffte schließlich der „selbstbalancierende“ Roller. Dieser war zwar anfangs noch sehr teuer, jedoch hatte man die Bedeutung für die Verkehrssicherheit erkannt.
Mit der fortschreitenden Entwicklung der Elektromobilität erfreut sich in den letzten Jahren auch der E-Scooter zunehmender Beliebtheit als Fortbewegungsmittel in deutschen Städten.

Die Kommunen reagieren auf die Entwicklung

Die Kommunen haben darauf reagiert – seit dem 15. Juni 2019 ist der E-Scooter offiziell als Verkehrsmittel auf öffentlichen Straßen zugelassen. Voraussetzung für den Betrieb eines solchen „Elektrokleinstfahrzeugs“ ist die Erteilung einer Betriebserlaubnis (ABE), die der Hersteller vom Kraftfahrzeugbundesamt erhält. Sie soll sicherstellen, dass das Fahrzeug die geltenden Sicherheitsstandards erfüllt. Das Elektrofahrzeug darf eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h nicht überschreiten. Für E-Scooter ist wie für alle Kraftfahrzeuge eine Haftpflichtversicherung notwendig. Der Fahrzeuglenker muß ein Mindestalter von 14 Jahren haben, für Halter von E-Scootern ab 23 Jahren gibt es bei vielen Versicherern eine Beitragsermäßigung. Da man in den Städten vor allem von einer Nutzung der Elektroroller in Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausgeht, ist die Mitnahme in den Zügen der Deutschen Bahn kostenlos. Viele städtischen Verkehrsbetriebe befördern E-Scooter ebenfalls kostenfrei. Dies ist jedoch nicht einheitlich geregelt, bei manchen Verkehrsgesellschaften muss ein Extra-Ticket gelöst werden. Wichtig ist allerdings zu wissen, dass die Roller zusammenklappbar sein müssen, ansonsten ist die Mitnahme in den Stoßzeiten zwischen 6 und 9, sowie zwischen 16 und 18 Uhr nicht gestattet. Um sicherzugehen, sollte man sich in jedem Fall bei den örtlichen Verkehrsbetrieben informieren.
Fahrer von Elektrorollern müssen den Fahrstreifen für Zweiräder benutzen, ist kein solcher vorhanden, dürfen sie auf die Fahrbahn – das Befahren von Gehwegen ist nicht erlaubt.

Eine kritische Bilanz

Bisher sind E-Scooter hauptsächlich als Verleihfahrzeuge unterwegs, wo sie in erster Linie touristisch genutzt werden. Anfänglich wurden in den Betrieb von Elektrorollern große Hoffnungen gesetzt, erhofft man sich doch eine Verringerung der Abgasemissionen in den feinstaubbelasteten Innenstädten. Nach den ersten Wochen der Freigabe als offizielles Verkehrsmittel ist die Euphorie allerdings schon wieder etwas gedämpft. Unfallmediziner sprechen von einer deutlich erhöhten Verletzungsgefahr der Fahrer von E-Rollern im Vergleich zu Fahrradfahrern, da durch die relativ starre Haltung von Oberkörper und Armen auf Stöße oder plötzlich auftretende Hindernisse viel unflexibler reagiert werden kann. Auch für andere Verkehrsteilnehmer sind E-Scooter offenbar sehr schlecht einschätzbar. Nach Auswertungen von Umfragen, die an Berliner Krankenhäusern durchgeführt wurden, ist das Unfallrisiko für das „E-Rollen“ deutlich höher als für das Fahrradfahren, da vielen Fahrern zudem die Erfahrung und vor allem den Jüngeren die Einschätzung der eigenen Geschwindigkeit fehlt. Interessant ist aber hierbei die Tatsache zu bemerken, dass die höchste Unfallrate in der Gruppe der 20- bis 35jährigen zu verzeichnen ist. Auch die Sache mit der Umweltfreundlichkeit scheint sich bei näherem Hinsehen zu relativieren – hier wird vor allem kritisiert, dass E-Scooter in der Regel mit Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet sind, was sowohl bei der Herstellung als auch bei der Entsorgung problematisch gesehen werden muss.

Deutschland adaptiert den Trend eher langsam

Anders als in anderen europäischen Großstädten, wo man mittlerweile teilweise heftig auf die Flut an E-Rollern reagiert, scheint sich in Deutschland diese Welle überschaubar zu entwickeln. Der E-Scooter ist sicher eine von zahlreichen Möglichkeiten, der Luftverschmutzung entgegenzutreten. Wenn man sich als Verbraucher jedoch nachhaltig für die Belange der Umwelt einsetzen möchte, dann ist man mit dem guten, alten Fahrrad sicher auf der besseren Seite. Und ein kleiner Spaziergang bietet dem Fußgänger zudem noch einen „optischen Mehrwert“.