Als Geschäftsführer der BAUPILOT GmbH unterstützt Mathias Heinzler Kommunen sowohl bei der Vermarktung als auch Vergabe von Bauplätzen. Im Interview gibt Mathias Heinzler eine Einschätzung über die Auswirkungen der neuen Ampel-Koalition auf das Bauwesen.

Herr Heinzler, die Ampel-Koalition ist nun beschlossene Sache und in trockenen Tüchern. Das bedeutet in vielen Punkten große Veränderungen und frischen Wind. Doch was genau bedeutet die Koalition für das deutsche Bauwesen?

Die Aufgaben für die Ampel-Koalition sind groß. Besonders im Bereich Bauwesen gilt es, Wohnraum zu schaffen, Digitalisierung voranzutreiben und gleichzeitig auch die ökologischen Implikationen nicht aus den Augen zu verlieren. Besonders die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für die Bevölkerung ist eine Pflicht-Aufgabe der Kommunen.

Das ist kein leichtes Unterfangen und muss gründlich geplant werden. Die Regierung hat jedoch verstanden, dass Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung essentiell wichtig für das deutsche Bauwesen ist. Sowohl Planung, Vergabe als auch Genehmigung stellten bisher einen Flaschenhals im Bauwesen dar und sorgten mitunter zu gewaltigen Verzögerungen. Auslöser dafür waren vor allem bürokratische Regeln, die eingehalten werden mussten. Nun gilt es, diese Bürokratie zu verringern, gleichzeitig jedoch die notwendigen und gesetzeskonformen Strukturen zu erfüllen.

Das klingt nach einer großen Aufgabe für die Koalition, aber auch für die einzelnen Kommunen an sich. Inwieweit werden sie dabei durch das Baulandmobilisierungsgesetz unterstützt, das am 23. Juni 2021 in Kraft getreten ist?

Das Gesetz hat für viele Diskussionen gesorgt und gilt als nicht völlig unumstritten. Generell kann aber festgehalten werden, dass das Baulandmobilisierungsgesetz die Kommunen in der Sicherung und Schaffung bezahlbaren Wohnraumes unterstützt. Mit dem Gesetz werden den Kommunen die notwendigen Instrumente an die Hand gegeben, welche sie für die Schaffung neuen Wohnraumes schlussendlich brauchen. Insbesondere die Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechtes kommt den Gemeinden dabei zugute, denn nicht nur durch die Vorkaufsrechtsatzung, sondern auch verlängerte Ausübungsfristen für Grundstücke, die brach liegen, bedeuten für Gemeinden und Kommunen deutlich mehr Möglichkeiten, auf angespannte Wohnungsmärkte und Wohnungsnot zu reagieren.

Stichwort Wohnungsnot. Hat die aktuelle Corona-Pandemie die Wohnungsnot der Bevölkerung verschlimmert?

Definitiv. Dabei können verschiedene Phänomene beobachtet werden, die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt der Kommunen haben. Zum einen sind durch Kurzarbeit, Ausfälle und Kündigungen viele Menschen und Familien unter finanziellen Druck geraten. Dadurch wurde bezahlbarer Wohnraum schlussendlich unbezahlbar für diese Familien. Doch ein weiteres Phänomen können wir beobachten, das Gemeinden unter Druck setzt. Ich spreche von der Dezentralisierung. Die Pandemie hat dafür gesorgt, dass das Homeoffice in weiten Teilen der Wirtschaft akzeptiert und anerkannt wurde. Waren viele Arbeitgeber vor der Pandemie noch skeptisch, ob Qualität und Leistung im Homeoffice erbracht werden können, so waren sie spätestens während der Pandemie froh, dass die Arbeitnehmer im Homeoffice coronakonform arbeiten und produktiv sein konnten. Die Alternative wäre die Schließung der Unternehmen gewesen.

Durch diese Akzeptanz werden jedoch ländliche Regionen nun verstärkt beim Wohnungsbau bevorzugt. Vor allem junge Paare wollen nach wie vor gerne ihr Eigenheim errichten und sesshaft werden. Durch das Homeoffice entfallen dann selbstverständlich lange Pendelwege. So wird das Homeoffice mit den Vorzügen der ländlichen Regionen vereint. Ländliche Regionen dienen zum einen als direktes Naherholungsgebiet, zum anderen wachsen Kinder in diesen Kommunen unbeschwerter und naturverbundener auf.

Die Konsequenz dieses Prozesses ist, dass Gemeinden und Kommunen sich mit einer noch größeren Welle an Bewerbern für verfügbares Bauland konfrontiert sehen. Nicht nur die heimische Bevölkerung, sondern auch auswärtige Bewerber konkurrieren nun um die Bauplätze. Eine gerechte Vergabe wird dadurch erschwert und der bürokratische Aufwand vervielfacht.

Herr Heinzler, wie können Kommunen am besten auf diesen Druck reagieren?

Das oberste Gebot der Kommunen ist es, Wohnraum zu schaffen und diesen in einem bezahlbaren Rahmen der Bevölkerung anzubieten. Der große Vorteil dabei ist, dass die Gemeinden im Vergleich zu Großinvestoren nicht spekulieren und dadurch die Quadratmeter-Preise gering halten können. Das sorgt im Umkehrschluss für “bezahlbareren”  Wohnraum. Würden die Kommunen wie Großinvestoren wirtschaften, wären sie Preistreiber des eigenen Immobilienmarktes.

Um auf die Welle der Bewerber reagieren und gleichzeitig eine soziale Vergabe gewährleisten zu können, muss eine Kommune so früh wie möglich mit Interessenten-Listen arbeiten. Für eine Vergabe, die sich am Gemeindewohl orientiert, ist es schließlich notwendig, zu identifizieren, welche Bewerber sich beispielsweise aktiv sozial und ehrenamtlich engagieren und dadurch die soziale Infrastruktur und das Rückgrat der Gemeinde erhalten und fördern. Gleichzeitig liefert die Interessentenliste Fakten, die für die Planung und Vergabe notwendig sind – und das bereits sehr früh. Anhand dieser Fakten kann der Gemeinderat entscheiden, was individuell beachtet werden muss.

Wie aber in vielen anderen Bereichen auch ist Geschwindigkeit der Dreh- und Angelpunkt. Die veralteten und konservativen Strukturen in den Amtsstuben sind oft der hohen Interessenten-Zahl nicht gewachsen und kommen in puncto Planung, Bewertung und Ausarbeitung nicht hinterher.  Die Digitalisierung der Prozesse muss deshalb deutlich vorangetrieben werden. Zum einen beschleunigt sie die Vergabe, zum anderen sorgt sie für Transparenz im gesamten Vergabeprozess und vor allem bei den Vergaberichtlinien. Diskriminierung von Bewerbern und anhängende juristische Konflikte können dadurch von vornherein minimiert werden, was nicht nur für Bewerber, sondern auch die Kommunen von großem Vorteil ist.

Vielen Dank für das Interview Herr Heinzler.

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