Der Ruf nach einem Wandel in der Automobil-Branche wird von Jahr zu Jahr immer lauter. Nach zahlreichen Abgasskandalen stehen die großen deutschen Konzerne unter Druck, diesen Forderungen nachzukommen. Dem Bad-Guy-Image lässt sich nur noch mit einer 180°-Wende entkommen. Ist die Automobilindustrie also bald eine grüne Vorzeigebranche?
Der Druck steigt
Egal ob Daimler, Audi oder VW, betroffen von den Folgen der Abgasskandale der letzten Jahre sind alle großen Automobil-Hersteller und auch deren Zulieferer werden in eine zunehmend schlechte Lage gedrängt. Dabei ist es relativ egal ob ein Konzern tatsächlich in irgendeiner Weise des Betruges überführt wurde. Den Schaden und dabei vor Allem den Vertrauensverlust erlitten nicht einige wenige Unternehmen, sondern die gesamte Branche.
Die als CO2-Sünder deklarierten Konzerne stehen in Zeiten von Fridays-4-Future zunehmend unter Generalverdacht und besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit.
Trendwende in der Branche
Eines wurde den Chefetagen der Branchengiganten schnell bewusst: Derjenige, welcher sich jetzt nicht den Forderungen der Öffentlichkeit beugt, wird am Ende als Verlierer dastehen. Und dabei gibt es doch so viel zu gewinnen.
Die Investitionen in grüne Fortbewegungsalternativen wurden von nahezu allen Herstellern drastisch angehoben. Nach außen werden vor Allem Fortschritte in der e-Mobilität kommuniziert und in den Chefetagen wird sich, gezwungenermaßen, der einstigen Übeltäter entledigt.
Hinter diesem Willen zur Erneuerung der Branche steckt aber auch betriebswirtschaftliches Kalkül. Die Bereitschaft der Bevölkerung zum Umstieg auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge steigt jedes Jahr etwas mehr an.
Die Reichweite zählt
Grund für das Umdenken der Bevölkerung hinsichtlich der Bereitschaft zum Umstieg auf Elektroautos, ist vor allem der technische Fortschritt, welcher sich aus den Investitionen der Konzerne ergibt.
Reichte eine Akkuladung vor wenigen Jahren nicht einmal für den Weg von Bremen nach Hamburg, so übertrumpfen neu vorgestellte Projekte der Hersteller mittlerweile teilweise die zu erreichende Strecke einer herkömmlichen Tankfüllung. Teslas neuer Supersportwagen soll so z.B. 2020 auf dem Markt erscheinen. Der Roadster soll mit einer Akkuladung bis zu 1.000 Kilometer fahren können und dabei eine Spitzengeschwindigkeit von 400 km/h ermöglichen.
Unter solchen Voraussetzungen ist es nur logisch und dennoch löblich sich weiterhin auf die Entwicklung der e-Mobilität zu konzentrieren. Schließlich bedeutet das bestentwickelte Auto am Ende höchstwahrscheinlich auch einen enormen Marktvorteil.
Umbruch in den Chefetagen
Einen ordentlichen Anteil an und ein wesentlicher Bestandteil des Umbruchs bei den Automobil-Konzernen ist die Umstrukturierung der Führungsetagen. In den allermeisten führenden Unternehmen der Branche wurden so z.B. die ehemaligen Vorstandsvorsitzenden durch deutlich klimaschutzgeneigtere Führungspersönlichkeiten ausgetauscht.
So legten sowohl bei VW, Audi und BMW die einstigen Vorsitzenden ihr Amt nieder und machten Platz für einen gewaltigen Schritt in die Zukunft. Ein sehr gutes Beispiel für diese Bewegung in den Führungsetagen ist der neue Daimler-Chef Ola Källenius. Der Schwede ist bekannt für seinen angestrebten, klimafreundlichen Kurs und zögert nicht, teils radikale Umbrüche in der Unternehmensstruktur vorzunehmen.
Jahrgang 1970 aus Köln, ist leitender Redakteur bei Euro Leaders. Der studierte Volkswirt war in verschiedenen Führungspositionen im Handel und der digitalen Wirtschaft unterwegs. Seine Schwerpunkte sind die Bereiche Technologie, E-Commerce sowie klassischer Handel. Der zweifache Familienvater lebt mit seiner Familie im südlichen Rheinland.