Ein Konjunktureinbruch in Deutschland im anstehenden Winter wird immer unwahrscheinlicher. In der deutschen Bevölkerung steigen die Einkommenserwartungen, während die Angst vor der Inflation und einer drohenden Rezession schwindet. Dadurch hat der Konsum in der letzten Zeit relativ stark zugenommen – das Konsumbarometer des Handelsverbands Deutschland (HDE) steht auf dem höchsten Wert seit Juli 2022.

Die Gesamtstimmung in der Bevölkerung und auch der Wirtschaft Deutschlands hat sich in der letzten Zeit nach einer längeren Abwärtsspirale wieder deutlich gebessert. Fallende Preise für Benzin, Gas oder Öl, gefüllte Speicher oder auch diverse finanzielle Unterstützungsprogramme der Bundesregierung sorgen für eine optimistischere Grundstimmung bei den Deutschen.

Das Konsumbarometer des HDE (Handelsverband Deutschland), für welches monatlich repräsentativ etwa 1.600 Haushalte befragt werden, hat für diesen Dezember mit 87,8 Punkten des höchsten Wert seit Juli 2022 erreicht. Sämtliche Parameter des Konsumbarometers haben sich dabei positiv entwickelt. So sind die Sorgen vor der Inflation gesunken, während die Anschaffungsneigung sowie die Einkommens- und Konjunkturerwartungen unter den befragten Haushalten teilweise stark zugenommen haben. Auch die Neigung zum Sparen bleibe auf einem hohen Niveau, ebenso die Bereitschaft, die getätigten Ausgaben für Konsumgüter durch die Rücklagensauflösung zu finanzieren.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind zudem die Nominallöhne im 3. Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,3 Prozent gestiegen. Allerdings gab es für die Arbeitnehmer in Deutschland für das vierte Quartal in Folge einen Verlust der Reallöhne – in Q3/2022 sind die Verbraucherpreise insgesamt um 8,4 Prozent angestiegen.

Ein ständiges Auf-und-Ab in ungewissen Zeiten

Das Handelsblatt Research Institute geht in Schätzungen von einer Erhöhung des Verbraucherpreisniveaus um etwa 18 Prozent in den kommenden drei Jahren aus. Der letzte vergleichbare Anstieg fand zwischen 2006 und 2020 statt und brauchte damit ganze 14 Jahre im Vergleich zu den drei Jahren, von denen das HRI momentan ausgeht. Um der durch die Inflation schrumpfenden Kaufkraft in der Bevölkerung entgegenzutreten, wurden von der deutschen Bundesregierung unter anderem diverse Unterstützungspakete auf den Weg gebracht, deren Volumen sich auf rund 135 Milliarden Euro beläuft.

In der letzten Zeit sind allerdings auch die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Kurzarbeitenden in Deutschland wieder gestiegen – Zahlen des Ifo-Instituts zufolge ist die Ziffer von August bis November 2022 hier von 76.000 auf 187.000 gestiegen. Vom starken Anstieg der Kurzarbeit sei, so das Ifo-Institut, vor allem die Industrie betroffen. Das gelte besonders für energieintensive Industrien wie den Automobilsektor. Dennoch steigt die Zahl der erwerbstätigen Menschen mit Wohnort in Deutschland weiter: Im Oktober 2022 lag diese trotz der insgesamt schwierigen und krisengeschüttelten letzten Zeit bei 45,7 Millionen.

Deutscher Einzelhandel: Zwei Schritte vor, einen Schritt zurück?

Die diversen positiven Entwicklungen der letzten Zeit sind im deutschen Einzelhandel allerdings bis dato kaum zu spüren. Saison- und kalenderbereinigt mussten die entsprechenden Unternehmen in Deutschland im Oktober 2022 im Vergleich zum vorhergegangenen Monat einen um 2,8 Prozent gesunkenen Umsatz verzeichnen. Verglichen mit dem Oktober des Vorjahres betrug das Minus sogar 5 Prozent. Dank der positiven ersten zehn Monate dieses Jahres mit einem realen Umsatzplus von 0,5 Prozent könnte 2022 für den Einzelhandel aber dennoch auf einer positiven Note enden.

Vor allem klassische Kauf- und Warenhäuser meldeten seit Jahresbeginn hohe Zuwächse. Der Einzelhandel mit Bekleidung, Textilien, Schuhen und auch Lederwaren lief besonders gut, während zum Beispiel bei Lebensmitteln, Getränken oder Tabakwaren Rückläufe registriert wurden. Noch stärkere Einbußen gab es allerdings bei Produkten des Baubedarfs, Haushaltsgeräten und Möbeln.

In Bezug auf das Weihnachtsgeschäft 2022 ist der Einzelhandel recht ambivalent eingestellt. Nach einer aktuellen Trendumfrage des Handelsverband Deutschland sind 51 Prozent der befragten Unternehmen des deutschen Einzelhandels nicht zufrieden mit den Umsätzen in der Woche vor dem ersten Advent. Knapp 30 Prozent rechnen allerdings mit einer positiven Entwicklung und einem insgesamt zufriedenstellenden Weihnachtsgeschäft. Strickwaren, Gutscheine, Schmuck oder auch Weihnachtsdekorationsartikel seien 2022 sehr beliebt. Auch der Bereich Retail Media meldete Erfolge, vor allem dank des großen Kaufinteresses an neuen Smartphones.

Der Handelsverband Deutschland rechnet für die letzten zwei Monate des Jahres mit einem Gesamtumsatz von mehr als 120 Milliarden Euro. Verglichen mit 2021 wäre das zwar ein nominales Plus von 5,4 Prozent, unter Berücksichtigung der teils enormen Preissteigerungen allerdings auch ein reales Minus von 4 Prozent.