Akademischer Tausendsassa, TV-Star, Bestsellerautor, Speaker – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Jack Nasher ist extrem vielseitig und auf zahlreichen Feldern zuhause. Die Fäden aus all diesen Gebieten nutzt er und führt sie in seinem Lebensthema zusammen: Der Kunst des Verhandelns. Er gilt als einer der Top-Experten weltweit wenn es darum geht, Vorstände und andere Unternehmenslenker darin zu beraten wie sie dabei zu noch besseren Ergebnissen kommen. Seine Erfahrung und sein Wissen dazu hat Jack Nasher zudem in zahlreichen Büchern zusammengefasst. Darin zeigt er anschaulich, wie praktisch jeder von seinen Methoden profitieren kann. Wie Jack Nasher zum Topstar unter den Verhandlungsexperten wurde und was ihn täglich antreibt, immer noch besser zu werden, erzählt er hier.

Herr Nasher, bitte beschreiben Sie Ihre Biografie anhand der Motivationen für Entscheidungen. Warum sind sie geworden, wer Sie sind? Wie verlief die Entwicklung und welche Schlüsselerlebnisse und -entscheidungen haben die wichtigsten Weichen für Ihre Karriere gestellt?

Jack Nasher: Ich war sehr gerne an der Uni und habe alles studiert (und abgeschlossen!), was mich interessierte: Jura, Philosophie und Psychologie, dann noch einen Master in Management. Das war Fluch und Segen: so viele Möglichkeiten, so viele Optionen. Und das schwierigste an Entscheidungen: ein „Ja“ beinhaltet unendlich viele „Neins“ zu allen Alternativen. Aber nach Referendariat bei den Vereinten Nationen in New York, in der Kanzlei Skadden und bei verschiedenen Jobs hier und da, habe ich gemerkt: Eigentlich interessiert mich immer nur das Verhandeln. Da ich immer ein Faible für das Akademische hatte, kam es zu dieser Verbindung: Die effektivsten Techniken aus Forschung und Praxis zusammenführen und nutzbar machen.

Was sind Ihre Schwerpunkte in Forschung und Lehre und warum?

Jack Nasher: Ich interessiere mich dafür, Menschen zu durchschauen und zu beeinflussen. Was geht vor in uns? Gibt es Muster? Und wie kann man einwirken? Ein Mensch, der irgendwo auftaucht und Menschen dazu bringt, Dinge zu tun, die sie sonst nicht getan hätten – das hatte auf mich immer eine romantische Faszination. Dadurch, dass Wissenschaftler ständig veröffentlichen müssen, um die nächste Sprosse auf der Karriereleiter zu erklimmen, gibt es unendlich viele Forschungsergebnisse. Aus diesen suche ich Mosaike zusammen, die ich zu einem Bild forme. Die Struktur ist geboren. Das ist mein Ansatz: die Forschung für die Praxis nutzbar zu machen. Mehr Handwerk als Kunst. Und die Praxis dient als Sporen und als Zügel.

Sie haben bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht. Welche Themen liegen Ihnen bei der öffentlichen Vermittlung besonders am Herzen?deal-jack-nasher (1)

Jack Nasher: Menschen lesen und beeinflussen – meine Themen. Alle meine Bücher sind das Ergebnis von Monaten, wenn nicht Jahren in Bibliotheken. Sie geben die Quintessenzen des Forschungsstandes wieder zu den jeweiligen Themen: „Durchschaut“ ist die Essenz von hunderten oder Tausenden von Artikeln zum Erkennen von Lügenanzeichen, „Entlarvt“ die aus den richtigen Fragen zur Wahrheitsfindung, also der Vernehmungslehre. Und natürlich „Deal“, der Stand der Forschung und der Praxis zum Thema Verhandeln. „Überzeugt“ gibt die Forschungsergebnisse dazu wieder, wie man andere Menschen von seiner Kompetenz überzeugt. Eine einfache Struktur, aber Klarheit ist wunderschön.

Wie wichtig ist die Fähigkeit, gut zu verhandeln, für den unternehmerischen Erfolg?

Jack Nasher: Interessen durchzusetzen und vor allem auch, Partner zu finden und langfristig voneinander zu profitieren und gemeinsam Wert zu schaffen, das ist der Kern des Verhandelns. Viel zu viele Menschen verschenken Potenziale – sie sind nur auf Preise fixiert und übersehen, was alles möglich wäre. Ein guter Verhandler hat ein Arsenal von Werkzeugen und er hat auch eine besondere innere Einstellung. Ein sehr gutes Buch meiner Kollegin Leigh Thompson heißt „The Mind and Heart of the Negotiator“. Es gibt eben auch eine besondere Einstellung, die an Glaubenssätzen hängt und einem tiefen Verständnis von Wirtschaft. Das zu vermitteln ist meine Herzensangelegenheit.

„Die Weisen siegen, bevor sie kämpfen, während die Unwissenden kämpfen, um zu siegen.“

Welche der von Ihnen beschriebenen Methoden sollte jede Führungskraft kennen und erkennen und weshalb?

Jack Nasher: Es gibt einige Tools, die man innerhalb von ein paar Stunden lernen und umsetzen kann. Zum Beispiel die BATNA-Berechnung, ohne die man in keine Verhandlung gehen sollte. Oder das Schnüren von MESO-Paketen. Ohne objektive Kriterien in die Verhandlung zu gehen, ist ebenso ein grober und teurer Fehler. Die richtige Vorbereitung ist das A und O, aber ohne richtige Werkzeuge verschwendet man seine Zeit. Wie Zhuge Liang, ein Regent des alten China einmal sagte: „Die Weisen siegen, bevor sie kämpfen, während die Unwissenden kämpfen, um zu siegen.“

Warum finden sich die praktischen Methoden, die Sie in Ihren Büchern vermitteln, selten in den Curricula der (staatlichen) Hochschulen?

Jack Nasher: Als ich in Oxford studierte, war die dortige Said Business School brandneu. Es gab vorher lange Dünkel von der ehrwürdigen Oxford University, denn Management erschien zu unakademisch und fast schon vulgär. Damals studierte ich noch Philosophie und Psychologie und mich hat das mehr oder weniger Verruchte angezogen, weshalb ich dann dort meinen Master machte. An Vulgarität kaum zu überbieten ist das Feilschen, weshalb gerade ehrwürdige Institutionen sich damit schwertun. Doch es ändert sich gewaltig: Verhandeln ist Wirtschaft „in action“, es gut zu können, ist ein Wettbewerbsvorteil. Kaum ein Kurs ist beliebter, macht mehr Spaß und führt unmittelbarer zu messbarem Erfolg – unser Stündlein hat geschlagen.

„Deals besiegeln bedeutet Wert schaffen“

Gibt es eine persönliche Jack Nasher-Mission in allem, was Sie tun? Wenn ja, wie sieht sie aus?

Jack Nasher: Wirtschaft bedeutet Wert schaffen. Wirtschaft bedeutet nicht, den Kuchen zu teilen, sondern ihn zu vergrößern. Mehr für alle. Kein Wirtschaftssystem in der bekannten Geschichte hat zu solch fundamentalen Erfolgen geführt und Milliarden Menschen aus der Armut befreit, wie der Kapitalismus. Gemeinsam Wert schaffen ist die Quintessenz. Denn Kapitalismus beruht auf Freiwilligkeit: beide Parteien haben immer ein Veto und zig andere Optionen – anders als im immer wieder scheiternden Sozialismus. Deals besiegeln bedeutet Wert schaffen, was letztlich allen zugutekommt.

Über Jack Nasherjack-nasher-interview

Jack Nasher studierte Jura in Frankfurt am Main und schloss mit dem 1. Staatsexamen ab. Parallel dazu studierte er Philosophie und Psychologie an der Universität Trier und schloss das Studium mit dem Magister Artium ab. Außerdem absolvierte er ein Masterstudium in Management an der Said Business School der Universität Oxford und erwarb dort den Mastergrad. 2006 promovierte Nasher am Philosophischen Institut der Universität Wien über Die offene Gesellschaft und ihre Freunde: Über die Staatstheorie Sir Karl R. Poppers und ihren Einfluss.

Seit 2010 ist Jack Nasher als Professor für Organisation und Unternehmensführung Lehrstuhlinhaber für Leadership und Organizational Behaviour an der Munich Business School, der im August 2015 in Lehrstuhl für Führung und Organisation umbenannt wurde. Zeitweise liest Nasher auch an der Fakultät Bing Overseas Studies der Universität Stanford.

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