Was einst als großes und progressives Vorzeigeprojekt der amtierenden Ampelkoalition gedacht war, entwickelt sich weiter zum Streitpunkt und zur Ursache des Zögerns, Zauderns und Verwässerns. Die geplante und nach wie vor von einem vorzeitigen Scheitern bedrohte Legalisierung von Cannabis in Deutschland sowie dessen Herausnahme aus dem Betäubungsmittelgesetz verschiebt sich ein weiteres Mal und kann nicht mehr pünktlich zum Jahreswechsel am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Nach wiederholten Kompromissen, EU-konformen Anpassungen und weiteren Einschränkungen der ursprünglich für 2023 geplanten Legalisierung von Cannabis in der Bundesrepublik Deutschland gab der amtierende Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach kürzlich bekannt, dass das Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung zum Jahreswechsel 2023/2024 nicht umsetzbar sei.

Die inhaltlichen Diskussionen und Planungen zum neuen Gesetz seien beendet und man erwarte ein Gelingen der Cannabis-Legalisierung in Deutschland, so Lauterbach weiter.

Cannabis-Legalisierung frühestens im Februar 2024

Schon vor der offiziellen Bestätigung wurden aus Kreisen der Bundesregierung Stimmen laut, welche die Verschiebung der Cannabis-Legalisierung angedeutet hatten. Das kontrovers diskutierte Gesetz, das von Drogenforschern, Psychotherapeuten und Suchtmedizinern größtenteils befürwortet, vor allem von der bayrischen CSU sowie weiteren Verbünden allerdings vehement abgelehnt wird, soll in der letzten Sitzungswoche des Bundestags zwar noch beschlossen werden.

Doch auch der Bundesrat muss sich des Gesetzes im Anschluss noch konkret annehmen. Durch dessen letzte Sitzung am 15. Dezember 2023 sei die Frist dafür jedoch viel zu knapp. Die nächste gemeinsame Sitzung des Bundesrats findet allerdings erst am 2. Februar 2024 statt. Daher könnte es erst nach diesem Datum in ganz Deutschland frei nach Finanzminister Christian Lindner heißen: „Bubatz legal!“

Auch die Länderkammer muss über das neue Gesetz zur Legalisierung von Cannabis und der Streichung aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und der Liste der verbotenen Substanzen im Vorfeld beraten, auch wenn die Zustimmung dieser nicht zwingend notwendig ist.

Drei Pflanzen und 25 Gramm

Der neue Gesetzentwurf der amtierenden Bundesregierung zur geplanten Legalisierung beinhaltet im ersten von zwei geplanten Schritten unter anderem den erlaubten Besitz von 25 Gramm Cannabis für volljährige Bürgerinnen und Bürger. Auch der Anbau und die Pflege von drei Cannabispflanzen in den eigenen vier Wänden soll legalisiert werden.

Gekauft werden kann das Rauschmittel dann in sogenannten Cannabis-Clubs, in denen man eine Mitgliedschaft beantragen muss. Der Konsum, etwa in gemeinschaftlichen Raucherräumen, soll dort allerdings nicht erlaubt sein. Ohnehin sehen sich die zukünftigen Clubs strengen Regeln und zahlreichen bürokratischen Hürden gegenübergestellt.

Apotheken begrüßen die Freigabe von Medizinalcannabis

Neben der Befürwortung seitens der Psychotherapeuten, Suchtmediziner und Drogenforscher gibt es auch zahlreiche Apotheker und Ärzte, welche die Legalisierung begrüßen würden, besonders jene, die in der Vergangenheit Medizinalcannabis verschrieben und ausgegeben haben. Medizinisches Cannabis wird unter streng kontrollierten Bedingungen angebaut und kann dann verschrieben werden, wenn es keine alternativen erfolgversprechenden Medikamente zur Behandlung von Erkrankungen mehr gibt, etwa bei extrem starken Schmerzen, Epilepsie oder Narkolepsie.

Dank des neuen Gesetzes würde auch dieses Medizinalcannabis nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Durch die dann nicht mehr notwendige aufwändige Betäubungsmitteldokumentation sowie die Aufbewahrung im Tresor könnten laut Bundesregierung rund fünf Minuten Bearbeitungszeit pro Verordnung eingespart werden. Damit könnten die Personalkosten in deutschen Apotheken um mehr als zwei Millionen Euro pro Jahr reduziert werden. Zudem würde es auch die Arbeit von verschreibenden Ärztinnen und Ärzten im gleichen Zug spürbar erleichtern.

Sehr optimistischen Schätzungen der deutschen Cannabisindustrie zufolge könnte sich die Zahl der Verordnungen für medizinisches Cannabis nach Inkrafttreten des geplanten Gesetzes sogar vervierfachen. Unabhängig davon rechnen auch Apothekerverbände mit einem spürbaren Anstieg von Privatrezepten, auch dank zahlreicher Online-Ärzte beziehungsweise entsprechender Dienstleister im Internet.

Dabei könnte auch die positive Preisentwicklung bei verschriebenem Cannabis eine wichtige Rolle spielen, denn preislich liegen die Blüten von Medizinalcannabis häufig unter dem entsprechenden Preis auf dem Schwarzmarkt. Auch gegenüber dem künftig legalen Cannabis aus den geplanten Cannabis-Clubs könnten Apotheker einen nicht unwesentlichen Preisvorteil haben. Ob sich die geplante Legalisierung letztlich durchsetzen kann und welche konkreten Folgen diese auf die Bundesrepublik haben wird, dürfte sich nun in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.