Gerade in der Werbebranche und der ausufernden Welt des Online-Marketings ist es nichts Außergewöhnliches, wenn von Buzzwords forcierte Trends als zukünftige Heilsbringer der Industrie präsentiert werden, nur um kurze Zeit später wieder in Vergessenheit zu geraten. Doch seit einiger Zeit fokussiert sich die Branche immer mehr auf einen Trend namens Retail Media, der durch seine Attraktivität für Hersteller und Marken, seine Flexibilität und frühe Erfolge in den USA auch hierzulande immer relevanter wird.
Das Konsumverhalten der Menschen hat sich in Deutschland wie auch international in den letzten Jahren stark verändert. Durch den weltweiten Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang 2020 und deren Konsequenzen in zahlreichen Bereichen des alltäglichen Lebens wurde der Wandel zwar nicht verursacht, jedoch deutlich beschleunigt. Studien und Umfragen zufolge kaufen gut 80 Prozent der Menschen die Hälfte (oder mehr) ihrer gewünschten beziehungsweise benötigten Produkte mittlerweile online ein.
Genau hier liegt ungeheuer viel Potenzial, das klug und effektiv genutzt werden will – nicht nur für die globale Werbe- und Online-Marketing-Branche, sondern auch für Großkonzerne wie Amazon. Google, Facebook / Meta und auch der 1994 von Jeff Bezos gegründete Onlineversandhändler sind in den USA die größten und bedeutendsten Dienstleister in Sachen Online-Marketing. Amazon ist selbst erst vor kurzem in das gewaltige Ad-Business eingestiegen – und nimmt schon jetzt den Großteil seiner Umsätze über die eigenen Werbeplätze ein.
Beim bereits erwähnten Retail Media geht es vereinfacht ausgedrückt darum, Werbung eben nicht mehr bei Suchmaschinen, allen voran die von Google, oder im Social-Media-Bereich zu kaufen und zu schalten, sondern eben bei Online- „Marktplätzen“ und -Händlern wie eben Amazon. Heutzutage werden Produkte, für die sich potenzielle Kundinnen und Kunden interessieren, eben nicht mehr primär in Suchmaschinen gesucht, sondern direkt in den jeweiligen Online-Shops, hierzulande etwa Amazon Deutschland oder MediaMarkt und Saturn. Ergo ist es ebenso naheliegend wie auch sinnvoll, personalisierte Werbung für Interessenten eben genau dort zu platzieren, da die eigentlichen Recherchen und Suchen nach Produkten auch vermehrt hier stattfinden.
Retail Media setzt dort an, wo die Kunden schon sind
Die über Retail Media auf den jeweiligen Online-Marktplätzen platzierten und beworbenen Produkte können in der Regel dank entsprechender Systeme der Anbieter auch direkt mit nur einem Klick gekauft werden. Retail Media sorgt zudem dafür, dass bestimmte Anbieter und Marken in der Flut der angebotenen Produkte nicht untergehen, sondern von Interessenten und den anvisierten Zielgruppen auch gefunden werden. Hersteller können also dank Retail Media, gerade im Vergleich mit „klassischen“ Werbekampagnen, mit relativ geringen Werbeausgaben die Kaufwahrscheinlichkeit und damit auch den eigenen Umsatz signifikant erhöhen.
Durch den wachsenden Erfolg und das steigende Interesse an Retail Media haben sich in der letzten Zeit diverse Formen von Retail Media herauskristallisiert, darunter etwa die Werbung über spezielle Videos und Banner, das Sponsoring und Hervorheben spezieller Produkte (ähnlich den gesponsorten Anzeigen bei Suchmaschinen wie Google), individuelle Markenshops, Branded Content, Native Advertising oder auch spezielle Kooperationen mit Influencern oder auch international bekannten Marken wie Disney oder Nintendo.
Retail Media ist, auch aufgrund der gebotenen Flexibilität und der Nähe zu den Endkunden beziehungsweise deren Such- und Konsumverhalten, die Art der Werbung, die in Deutschland am schnellsten wächst. Werbeanzeigen, die mittels Retail Media direkt an Ort und Stelle platziert werden, haben den Vorteil, dass bei den Interessenten auf den Online-Marktplätzen bereits eine deutliche Kaufintention besteht.
Retail Media: Auch in Deutschland auf Erfolgskurs
Was, wie im Fall von Retail Media, vor allem in den USA bereits sehr gut funktioniert, verursacht oftmals Wellen, die auch im deutschen Markt spürbar werden und neue Möglichkeiten erschaffen. Der FOMA-Trendmonitor 2021 (Fachkreis Online-Mediaagenturen) des BVDW e.V. (Bundesverband Digitale Wirtschaft) zeigt, dass digitale Werbung auch in Deutschland immer wichtiger und verbreiteter wird. Nach den Studienergebnissen zählt Retail Media zu den voraussichtlich am stärksten wachsenden Bereichen des Werbe- und Online-Marketing-Kosmos.
Dazu hat der BVDW kürzlich die entsprechende Initiative Retail Media gegründet. Dieser haben sich bereits mehrere große Unternehmen und Handelsketten angeschlossen, etwa Otto, Douglas oder auch MediaMarktSaturn. Deren Mutterkonzern CECONOMY hat nun, überzeugt vom Erfolg und den Chancen von Retail Media auf dem internationalen Markt, eine eigene RM-Plattform gestartet, welche Geschäftspartnern eine überaus attraktive Marketingplattform bieten soll, von deren Vorzügen dank zusätzlicher Informationen und Kaufanreize auch Endkunden profitieren.
Dr. Karsten Wildberger, CEO von CECONOMY und MediaMarktSaturn, äußerte sich bei Horizont wie folgt: „Wir sind für unsere Kunden und unsere Industriepartner gleichermaßen relevant und wollen die große Reichweite, die unsere europäische Omnichannel-Plattform bietet, konsequent nutzen. Mit Retail Media erschließen wir Schritt für Schritt ein neues Geschäftsfeld, in dem wir mittelfristig viel Potenzial sehen.“
Auch auf der diesjährigen DMEXCO 2022 redete Karsten Wildberger in seiner Keynote über die geplante strategische Neuausrichtung von MediaMarktSaturn in den kommenden Jahren.
Jahrgang 1981 aus Straßbourg, ist als freier Journalist für verschiedene Online-Medien in ganz Europa unterwegs – Schwerpunkte sind die Bereiche Finanzen, Immobilien und Politik. Seine fachliche Expertise sammelte er als Berater für Global Player sowie Mittelständler. Fournier studierte Wirtschaft und Deutsch in Paris und Dresden. Zur Zeit lebt er im Saarland und verstärkt seit Anfang 2019 das Euro Leaders-Team.