Ein neues Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt hat nun bestätigt, dass Frauen bei gleicher Arbeit wie ihre männlichen Kollegen Anspruch auf den gleichen Lohn haben. Dieser Anspruch kann auch dann nicht umgangen werden, wenn Männer zuvor mit angeblichem Verhandlungsgeschick höhere Gehälter ausgehandelt haben. Eine ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit wäre eine gesetzlich verbotene Diskriminierung aufgrund des Geschlechts der Arbeitnehmer.

Dem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts ging die Klage einer Arbeitnehmerin bei einem Metallunternehmen in der Nähe von Dresden voraus. Diese begann die Probezeit ihres Arbeitsverhältnisses im März 2017 zu einem monatlichen Gehalt von 3.500 Euro plus eines späteren erfolgsabhängigen Bonus. Einige Zeit später erfuhr die Frau, dass zwei männliche Kollegen bei identischer Arbeit sowie Arbeitszeit monatlich etwa 1.000 Euro mehr erhalten hatten.

Nach der späteren Einführung eines Tarifvertrags wurde der signifikante Gehaltsunterschied zwar auf etwa 500 Euro verringert, dennoch fühlte sich die 44-jährige Frau grundsätzlich während ihres Geschlechts diskriminiert, weswegen sie eine Lohnnachzahlung und eine Angleichung an die Gehälter ihrer männlichen Kollegen forderte.

Der Arbeitgeber verwies allerdings nicht nur auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit, sondern auch auf das „bessere Verhandlungsgeschick“ der Kollegen. Ein Mann hätte schlichtweg erfolgreich nach mehr Geld verlangt, um seinen Vertrag mit dem Metallunternehmen endgültig zu unterschreiben. Die Frau reichte Klage ein – und wurde von den Vorinstanzen beim Arbeits- und Landesgericht in Sachsen abgewiesen. Die Gerichte verwiesen, wie schon der Arbeitgeber, auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit eines Unternehmens.

Ein wichtiger Schritt im Kampf für eine geschlechtsunabhängige Bezahlung

Diese Urteile und auch die Argumentation des Meißener Unternehmens wurden vom Erfurter Bundesarbeitsgericht nun abgelehnt. Das Unternehmen habe, so die Vorsitzende Richterin Anja Schlewing, die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt. Der 44-jährigen Frau wurden 2.000 Euro Diskriminierungsentschädigung und der entgangene Lohn in Höhe von 14.500 Euro zugesprochen.

Die Bundesrichter betonten die Vermutung einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts von Arbeitnehmer:innen, wenn diese bei gleicher Arbeit schlechter bezahlt würden als Kolleginnen beziehungsweise Kollegen eines anderen Geschlechts.

Die Anwältinnen der Klägerin bewerteten das Erfurter Urteil als einen Meilenstein im Kampf um Gleichberechtigung und Equal Pay, die gleiche Bezahlung aller Geschlechter bei gleicher Art und Dauer der Arbeit. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag die Differenz zwischen den Löhnen von Männern und Frauen in Deutschland 2022 noch bei 18 Prozent.

Diese Diskrepanzen sind in Deutschland nach wie vor nicht nur bei einer nicht ausgeglichenen Bezahlung zu beobachten, sondern auch bei der Zahl an weiblichen Führungskräften in tragenden Positionen. So lag 2020 der Frauenanteil im Vorstand der deutschen DAX-Konzerne noch unter 30 Prozent. Positive Ausnahmen bildeten im genannten Jahr nur wenige Unternehmen, etwa Fresenius Medical Care, Allianz, Deutsche Telekom oder auch die Düsseldorfer CECONOMY AG.