Die europäische Strategie zur Erlangung einer klimafreundlichen Wirtschaft hat den Klimaschutz zu den politischen Schwerpunkten der Europäischen Union werden lassen. Das begünstigt einen rekursiven Prozess: Einerseits treibt die europaweit beschlossene Abkehr von den fossilen Energien die Nachfrage nach grünen Unternehmensmodellen weiter voran – gemeinsam mit den zugehörigen Finanzierungsformen wie Anleihen. Andererseits wirkt sich der verstärkte Kapitaleinsatz in grüne Projekte förderlich auf die Zeitplanung bei den Klimazielen aus.

Im Dezember 2019 haben sich die Regierungen der EU-Mitgliedsländer im Rahmen des Green Deal darauf geeinigt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Bis zum gesetzten Termin soll die globale Erwärmung nur noch deutlich weniger als zwei Grad Celsius  betragen – im Bestfall unter 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Stand. Dazu sollen sämtliche Treibhausgasemissionen bis 2050 weitgehend der Vergangenheit angehören. Eine große Aufgabe, die ohne Beteiligung des Kapitalmarkts nicht zu stemmen ist.

Run auf nachhaltige Bonds hat bereits begonnen

Der Trend zu ESG-konformen Anlageprodukten ist längst in Gang gebracht, wenn auch vorerst noch auf relativ niedrigem Niveau. Nach Erhebungen der Climate Bond Initiative wurden im Jahr 2020 Schuldpapiere mit nachhaltigem Ansatz im Gesamtwert von mehr als 700 Milliarden Dollar aufgelegt – insgesamt eine Verdoppelung des Volumens vom Vorjahr.

Das wahre Ausmaß dieses Wachstums wird allerdings erst bei Betrachtung eines längeren Zeitraums deutlich: Noch 2016 betrug das Gesamtvolumen bei den Green Bonds nur etwa 100 Milliarden Dollar – das bedeutet eine Versiebenfachung in vier Jahren. Eine Verlangsamung der Wachstumsraten ist nicht zu beobachten: 2021 übersprang das Green-Bonds-Volumen erstmals die Eine-Billion-Dollar-Marke.

Allein im vergangen Jahr kam es weltweit zur Emission von über 1.000 neuen Green Bonds. Größter Marktteilnehmer war auch 2021 Europa mit einem Anteil von etwa 54 Prozent. An zweiter Stelle rangieren die USA mit 22 Prozent und der asiatisch-pazifische Raum mit 18 Prozent.

Zwei Parameter, die großes Potential voraussagen

Dass der Green Bonds-Sektor einerseits so hohe Wachstumsraten aufweist, andererseits am Gesamtmarkt noch einen relativ geringen Anteil hat, zeigt die Energie auf, die Green Bonds für die nächste Zeit beinhalten. Stark wachsende Nachfrage und ein gleichzeitig noch größtenteils unerschlossener Markt – das sind untrügliche Zeichen für ein überdurchschnittliches Wachstumspotenzial, denn die Sättigungsmarke liegt noch weit entfernt.

Noch wird der Bondmarkt weitgehend von konservativen, nicht-nachhaltigen Produkten beherrscht. Der Grund ist leicht nachvollziehbar: Die ausstehenden Schulden in der fossilen Industrie betragen rund das Dreifache der Schulden im Bereich der nachhaltigen Schuldpapiere. Damit profiliert sich gerade der Anlagemarkt bei Politikern, Unternehmern und Wissenschaftlern zunehmend als der Ort, an dem sich Lösungen gegen den fortschreitenden Klimawandel effektiv auf den Weg bringen lassen.

Politiker schreiben dem Kapitalmarkt eine zunehmende Verantwortung dabei zu, seinen ständig wachsenden Einfluss auf die Nachhaltigkeit von Unternehmen und Industrien zu nutzen. Gerade die Investmentszene hat es in besonderem Maße in der Hand, wirksame Instrumente zur Erreichung der internationalen Klimaziele auf den Weg zu bringen.

Die Rahmenbedingungen verbessern sich zügig

Gerade die Regierungen in der EU schaffen verstärkt ein Umfeld, in dem sich Green Bonds effizient etablieren können. So entwickeln Länder wie Deutschland mit grünen Bundesanleihen tragfähige Vorgaben für den wachsenden Markt der nachhaltigen Anlagen.

Einen Schritt weiter geht die EU mit ihren grünen Eurobonds. So soll etwa ein Drittel des mit 750 Milliarden ausgestatteten Programms “Next Generation EU” über Green Bonds kapitalisiert werden. Noch optimierbar ist allerdings die Taxonomie der EU für nachhaltige Investments. Hier sind zahlreiche Unternehmen bereits weiter als die behördliche Vorgabe. Es wäre sicher wirksamer, wenn die europäische Verwaltung an der Spitze der Bewegung marschieren würde und nicht in ihrem Mittelfeld.

 

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