Generatives Design beschreibt eine Methodik, mit welcher eine Kombination von Algorithmen und verschiedenen Gestaltungsbereichen vollzogen wird. Motive für eine solche Synthese sind vor allem eine Visualisierung der technischen Prozesse und eine Optimierung essenzieller Arbeitsschritte im Bereich der Produktentwicklung.
Dadurch birgt das Generative Design großes Potenzial für Unternehmen und Branchen. Ralf Johow, Dipl.-Ing. im Bereich Maschinenbau und Bauzuliefer-Experte, schätzt die traditionelle Arbeitsweise von Designern als überholt ein und war freundlicherweise bereit, uns eine Einschätzung über das Generative Design zu geben.
Sie sagen, dass Design und die Arbeitsweise von Designern längst überholt sind – wie begründen Sie das, Ralf Johow?
Das ist richtig – und nicht nur der Beruf des Designers und der Designprozess an sich. Auch alle damit verbundenen Prozesse von der Konstruktion bis hin zur Fertigung verändern sich grundlegend.
Der Grund ist die zunehmende Komplexität und Digitalisierung unserer Technologien, Prozesse und Kommunikation. Diese Entwicklung ist enorm vielschichtig und vor allem rasend schnell. Die Aufgaben in der Produktentwicklung, in Design und Konstruktion werden also ebenfalls komplexer und schneller. Sie lassen sich nicht mehr ohne technologische Unterstützung bewältigen.
Die Zukunft liegt im generativen Design – damit werden bisherige Betrachtungsweisen und die heute noch typischen Prozesse völlig überholt.
Ralf Johow, wodurch unterscheidet sich generatives Design vom klassischen Designprozess?
Design findet bislang hauptsächlich im Kopf des Designers statt: Er entwickelt entsprechend den definierten Anforderungen an ein Produkt eine Idee und skizziert sie. Dann folgen je nach Branche und Produkt Klärungen zu Materialien und Baugruppen, Versuche, Konstruktion und der Bau von Prototypen. Das alles wird so oft wiederholt und verfeinert, bis das Produkt perfektioniert ist und die Marktreife erreicht. Parallel muss die Fertigung entsprechend ausgerüstet und angepasst werden.
Generatives Design vereinfacht und beschleunigt diesen Ablauf. Die sich wiederholenden Arbeitsschritte werden dabei nicht vom Menschen, sondern von einem Software-Tool ausgeführt. Algorithmen übernehmen die systematische, gezielte Verarbeitung der Daten.
Das klingt sehr abstrakt und automatisiert – wo bleibt da das Design mit seiner Kreativität?
Das stimmt, aber nur zum Teil – denn als Input dienen die Parameter, die der Designer definiert. Er agiert jedoch zunehmend wie ein Dirigent, statt alles selbst auszuführen. Dennoch kommt die Initialidee vom Designer. Er entscheidet, welche Lösungsvorschläge passend und erfolgversprechend sind. Nur durch sein komplexes Wissen und Vorstellungsvermögen ist er in der Lage, den Feinschliff in der Produktentwicklung zu bestimmen.
Können Sie wesentliche Punkte als „Pro und Contra“ nennen?
Es gibt natürlich Skeptiker, die vor allem das Fehlen der Emotionen als Problem sehen. Denn ein Designer entwickelt nicht mathematisch, sondern richtet das Produkt auch nach ästhetischen Gesichtspunkten aus. Die softwarebasierte Produktentwicklung wird der Ästhetik nicht unbedingt gerecht – die bleibt wie gesagt nach wie vor dem Menschen überlassen.
Aber die Algorithmen unterstützen die Entwicklung eines Produktes hinsichtlich Effizienz, Funktion, Leistungsfähigkeit und anderer Eigenschaften wie zum Beispiel Lebensdauer. Und das geht erheblich schneller und vor allem deutlich effizienter als mit klassischen Methoden. Darin liegt der wesentliche Vorteil des generativen Designs.
Herr Johow, worin sehen Sie die Chancen für Unternehmen?
Mit den neuen Prozessen und entsprechend angepassten Strukturen sind Unternehmen in der Lage, größere Probleme zu lösen und iterativ schneller geeignete Lösungen zu entwickeln. Damit können sie ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Darüber hinaus ist das Ergebnis des generativen Designs eine Auswahl an neuen Lösungen. Darunter auch solche, auf die der Designer möglicherweise gar nicht gekommen wäre – oder zumindest nicht in derselben Zeit.
Betrifft diese Entwicklung alle Branchen und wie kann ein Unternehmen sich heute darauf einstellen?
Es gibt Grenzen des Machbaren. Nicht überall ist generatives Design sinnvoll. Aber beispielsweise bei den Bauzulieferern, in der Einrichtungsbranche, sehe ich großes Potenzial und den Bedarf, durch die Integration digitaler Technologie schneller, effizienter und innovativer zu werden.
Um generatives Design sinnvoll und wirtschaftlich zu nutzen, muss man alle betroffenen Prozesse betrachten und ein klares Konzept entwickeln. Entscheidend sind die Durchgängigkeit in der Digitalisierung der Prozesse und zudem neue Strukturen. Last but not least gehört die Auswahl der geeigneten Software dazu.
Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Johow.
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Jahrgang 1981 aus Straßbourg, ist als freier Journalist für verschiedene Online-Medien in ganz Europa unterwegs – Schwerpunkte sind die Bereiche Finanzen, Immobilien und Politik. Seine fachliche Expertise sammelte er als Berater für Global Player sowie Mittelständler. Fournier studierte Wirtschaft und Deutsch in Paris und Dresden. Zur Zeit lebt er im Saarland und verstärkt seit Anfang 2019 das Euro Leaders-Team.