Samira Langer-Lorenzani ist eine Kinder- und Jugendpädagogin, die sich auf die Begleitung von jungen Menschen spezialisiert hat, deren Entwicklung durch traumatische Erfahrungen beeinträchtigt wurde. Sie arbeitet sowohl eng mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen zusammen als auch mit ihren Familien.
Trauma kann das Leben eines Kindes nachhaltig beeinflussen und sich direkt auf dessen schulische Leistung, Verhalten und Wohlbefinden auswirken. Die Aufgabe von Pädagogen und Schulpersonal muss es auch sein, traumatisierten Schülern zu helfen, ihr Potenzial in der Schule auszuschöpfen, und dabei ihre individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Vielen ist dies aber leider oft nicht bewusst und die entsprechenden Schulungen zur Sensibilisierung fehlen.
Was ist ein Trauma?
Trauma wird als eine überwältigende emotionale Reaktion auf eine bedrohliche oder gefährliche Situation beschrieben, die oft Gefühle von Hilflosigkeit, Angst oder Schrecken hervorruft. Traumatische Erlebnisse können sehr unterschiedlich sein. Dazu gehören Missbrauch – körperlich, emotional oder sexuell –, der Verlust von Angehörigen, Naturkatastrophen oder Unfälle, Krieg oder Flucht sowie das Erleben oder Miterleben von Gewalt oder Verbrechen. Solche Erlebnisse können das emotionale, kognitive und soziale Wohl eines Kindes erheblich beeinträchtigen, was sich wiederum in seiner schulischen Leistung und seinen sozialen Interaktionen mit Lehrern, anderen Schülern und dem System an sich widerspiegelt.
Auswirkungen von Trauma auf das Lernen
Zu den häufigsten Folgen von Traumata gehören Konzentrationsschwierigkeiten, aggressives oder zurückgezogenes Verhalten, Schlafstörungen sowie eine erhöhte Angst oder Wachsamkeit. Traumatisierte Kinder können es schwer haben, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, da sie von belastenden Gedanken oder Emotionen überwältigt werden. Manche Schüler reagieren auf traumatische Erfahrungen mit Wut, die sich in aggressivem Verhalten äußern kann. Andere ziehen sich sozial zurück, vermeiden Interaktionen mit Mitschülern und Lehrern und wirken apathisch. Auch Schlafprobleme wie Albträume oder Schlaflosigkeit werden auf Dauer zum Problem, da sie die Energie und Konzentration im Schulalltag mindern. Diese Schüler können außerdem übermäßig wachsam sein und ständig nach potenziellen Gefahren suchen, was sie daran hindert, entspannt zu lernen und mit anderen zu interagieren.
Die Bedeutung einer traumasensiblen Schule
Schulen spielen eine entscheidende Rolle in der Unterstützung traumatisierter Schüler. Eine traumasensible Schule bietet nicht nur einen sicheren Ort für das Lernen, sondern berücksichtigt auch die besonderen Bedürfnisse der Schüler. Wichtige Prinzipien einer traumasensiblen Schule sind das Schaffen eines sicheren Umfelds, in dem sich Schüler körperlich und emotional sicher fühlen, sowie der Aufbau von Vertrauen und Transparenz in der Kommunikation. Unterstützende Beziehungen zwischen Lehrern, Schulpsychologen und Mitschülern können traumatisierten Kindern das Gefühl geben, nicht allein zu sein. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind entscheidende Aspekte, da traumatisierte Schüler in Stresssituationen möglicherweise anders reagieren und nicht immer in der Lage sind, den starren Regeln und Anforderungen des schulischen Alltags zu folgen.
Strategien zur Unterstützung traumatisierter Schüler
Damit eine traumasensible Schule effektiv arbeiten kann, müssen Lehrer, Schulpsychologen und andere Fachkräfte gemeinsam Strategien entwickeln, um traumatisierte Schüler zu unterstützen. Ein erster wichtiger Schritt ist immer die Sensibilisierung und Fortbildung des gesamten Schulpersonals, um die Anzeichen von Trauma überhaupt erkennen zu können und im zweiten Schritt angemessen darauf zu reagieren. Dazu gehören Schulungen über die neurologischen, emotionalen und sozialen Auswirkungen von Trauma sowie Strategien zur Deeskalation von Konflikten und zum Aufbau sicherer Beziehungen. Wichtig ist auch das Bewusstsein, dass traumatisierte Schüler möglicherweise anders auf Stress und Anforderungen reagieren und Lehrkräfte dies berücksichtigen müssen.
Im nächsten Schritt geht es um den Aufbau eines sicheren und berechenbaren Umfelds. Kinder, die Traumata erlebt haben, brauchen Routine und Vorhersehbarkeit, um sich sicher zu fühlen. Schulen können dies erreichen, indem sie konsistente Tagesstrukturen bieten und Übergänge zwischen verschiedenen Aktivitäten klar ankündigen, um unerwartete Änderungen zu vermeiden. Darüber hinaus können Schulen ruhige Rückzugsorte schaffen, in denen sich Schüler, die sich überfordert fühlen, beruhigen können. Solche Orte bieten traumatisierten Schülern die Möglichkeit, Abstand zu nehmen und emotionale Regulation zu üben.
Der Unterricht sollte so gestaltet werden, dass er den Bedürfnissen traumatisierter Schüler entgegenkommt. Dazu gehört die Flexibilität in Aufgaben und Anforderungen, um den individuellen Fähigkeiten und dem Wohlbefinden der Schüler gerecht zu werden. Lehrer sollten bereit sein, alternative Bewertungsmethoden anzuwenden, wenn Schüler nicht in der Lage sind, bei Prüfungen oder Referaten gute Leistungen zu erbringen. Regelmäßige kurze Pausen oder Achtsamkeitsübungen können helfen, Stress abzubauen und den Schülern die Möglichkeit geben, sich zu entspannen – dies wirkt sich nicht nur positiv auf Kinder mit Traumata aus. Manche Schüler benötigen möglicherweise eine individuelle Betreuung oder Nachhilfe, um den Anschluss an den Lehrplan nicht zu verlieren. Ein entsprechendes Angebot sollte bestehen.
Förderung emotionaler Kompetenz
Traumatisierte Schüler haben oft Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren und auf angemessene Weise mit Stress umzugehen. Soziale und emotionale Lernprogramme (SEL), die darauf abzielen, Empathie, Selbstregulation und Konfliktlösungsfähigkeiten zu entwickeln, sind ein wichtiger Ansatzpunkt. In vielen Fällen kann auch die Zusammenarbeit mit Schulpsychologen oder externen Therapeuten sinnvoll sein, um traumatisierten Schülern den Zugang zu professioneller Hilfe zu erleichtern.
Zusammenarbeit mit Eltern und Gemeinschaft
Kommunikation ist das A und O. Schulen sollten regelmäßig mit den Eltern kommunizieren, um über das Verhalten und die Bedürfnisse des Kindes im Austausch zu bleiben. Darüber hinaus können Schulen Informationen über Trauma und dessen Auswirkungen auf das Lernen vermitteln und Eltern oder Erziehungsberechtigte auf externe Hilfsangebote wie psychologische Unterstützung oder Familienberatungen hinweisen.
Resilienz stärken: Der Schlüssel zur langfristigen Unterstützung
Resilienzfördernde Maßnahmen in der Schule umfassen positives Feedback und Ermutigung, um das Selbstbewusstsein und die Motivation der Schüler zu stärken. Der Aufbau eines sicheren Netzwerks, bestehend aus Lehrern, Mitschülern und anderen Fachkräften, kann traumatisierten Schülern das Gefühl geben, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Gleichzeitig darf aber nie der Fokus auf die individuellen Stärken der Schüler vergessen werden. Statt sich nur auf die Schwierigkeiten zu konzentrieren, sollten Schulen die Talente und Fähigkeiten der Schüler in den Vordergrund stellen.
Traumatisierte Schüler sind leider keine Ausnahme in der Schule – viele Kinder und Jugendliche haben im Laufe ihres Lebens traumatische Erfahrungen gemacht, die sich auf ihr Verhalten und ihre schulischen Leistungen auswirken. Eine traumasensible Schule kann diesen Schülern helfen, indem sie ein sicheres, unterstützendes Umfeld schafft, in dem sie sich verstanden und angenommen fühlen. Schulen, die auf Traumata reagieren, tragen dazu bei, die Resilienz und das Wohlbefinden dieser Kinder zu stärken, damit sie ihr volles Potenzial entfalten können.
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Jahrgang 1981 aus Straßbourg, ist als freier Journalist für verschiedene Online-Medien in ganz Europa unterwegs – Schwerpunkte sind die Bereiche Finanzen, Immobilien und Politik. Seine fachliche Expertise sammelte er als Berater für Global Player sowie Mittelständler. Fournier studierte Wirtschaft und Deutsch in Paris und Dresden. Zur Zeit lebt er im Saarland und verstärkt seit Anfang 2019 das Euro Leaders-Team.