Eine Umfrage der Kapitalverwaltungsgesellschaft Wealthcap erbrachte eine deutliche Zunahme des Interesses an Immobilienanlagen, die auf die Auswirkungen der steigende Inflation zurückgeht. Rund 70 Prozent der befragten Beschäftigten im Immobiliengewerbe gehen davon aus, dass die Anlage in Immobilien kurz- und mittelfristig an Bedeutung gewinnen wird. Nachhaltiges Bauen wird in diesem Kontext zunehmend wichtiger.
Die zum zehnten Mal in Folge durchgeführte Umfrage ergab neben der Inflation auch noch einen zweiten Faktor, der das Interesse an Immobilienanlagen befeuert: COVID-19. Die Corona-Pandemie halten rund 60 Prozent der Umfrageteilnehmer für einen Impulsgeber im Immobilieninvestment. „Die Assetklasse Immobilien gilt für Anleger weiter als Anker im Portfolio“, sagt dazu Wealthcap Research-Chef Sebastian Zehrer.
Nachhaltigkeit als zentrales Qualitätskriterium
Die Umfrage belegt, wie relevant mittlerweile Nachhaltigkeitsaspekte bei der Bewertung von Immobilien geworden sind. So halten 60 Prozent der Befragten grüne Gebäude-Zertifizierungen für wichtig oder sehr wichtig. Markant ist hier der Zuwachs: Im Vorjahr war das Qualitätskriterium grüne Gebäudezertifizierung lediglich für 47 Prozent der Befragten ein entscheidendes Kriterium.
Auch der Umkehrschluss spricht Bände: Die aktuelle Umfrage erbrachte nur noch 6 Prozent an Befragten, die grüne Zertifizierungen für weniger oder überhaupt nicht wichtig einstufen. Bei der Umfrage im Jahr 2013 teilten noch 66 Prozent der Befragten diese Meinung.
Wohnimmobilien verlieren an Bedeutung
Ein deutlicher Trend hin zu Büroimmobilien – und das auf Kosten von Wohnimmobilien – ist ein weiterer zentraler Aspekt der aktuellen Umfrage. Dennoch liegen Wohnimmobilien in der Anlegergunst immer noch deutlich an der Spitze: 76,5 Prozent nannten sie als das bevorzugte Anlageprodukt. Der Abwärtstrend ist aber deutlich sichtbar: Im Vorjahr waren es noch 85 Prozent.
Bei den Gewerbeimmobilien rangieren Bürobauten auf den vorderen Rängen, allerdings noch immer auf Platz zwei hinter den Wohnimmobilien. Der Bedeutungsverlust von Einzelhandelsflächen, die sich seit zehn Jahren auf einem kontinuierlichen Abwärtstrend befinden, wurde durch die coronabedingten Irritationen weiter befeuert. In der aktuellen Umfrage nennen lediglich 29 Prozent der Befragten Einzelhandelsobjekte als bevorzugte Anlageform.
Bei der Bewertung der Zukunftsfähigkeit gibt es Umschichtungen
Unabhängig vom aktuellen Investitionsverhalten untersucht die Umfrage auch die Bewertung der Zukunftsfähigkeit der einzelnen Immobilienklassen. Hier müssen Wohnimmobilien herbe Verluste hinnehmen: Zwar immer noch an der Spitze, bewerten nur noch 52,9 Prozent der Befragten diese Immobilienklasse als zukunftsfähig – nach 95,2 Prozent im Vorjahr.
Einen deutlichen Anstieg verzeichnen bei der Bewertung der Zukunftsfähigkeit Büroimmobilien. Sie halten nun 47,1 Prozent der Befragten für besonders aussichtsreich – nach 38,1 Prozent im Vorjahr.
ESG-Kriterien als wichtiges Bewertungsinstrument
Über alle Immobilienklassen hinweg scheint sich vor allem der Nachhaltigkeitsgedanke als dominierendes Entscheidungskriterium zu etablieren. Unabhängig davon, ob es sich um Wohnimmobilien, Bürogebäude oder Einzelhandelsflächen handelt, werden sich in Zukunft wohl meist nur Projekte durchsetzen lassen, die auf ESG-Kriterien aufbauen.
Es steht zu erwarten, dass künftige Umfragen einen weiteren Zuwachs auf diesem Gebiet erbringen werden. Dabei geht es sowohl um die Nachhaltigkeit bei der Errichtung und Instandhaltung der Bauwerke als auch um die Einhaltung von Umwelt-, Klima- und Compliance-Standards, wie sie in den Taxonomiebestimmungen der Europäischen Union festgelegt sind.
Erfreulicherweise wirken sich die jüngsten Irritationen bei den Nachhaltigkeitsregeln der EU nicht auf den Immobiliensektor aus. Die derzeit heiß diskutierte Frage, ob Atomkraft und Erdgas übergangsweise als nachhaltig einzustufen sind, berührt den Immobiliensektor nur indirekt. Insbesondere die ESG-Regelungen für Bau und Instandhaltung sind davon unberührt und bleiben in vollem Umfang gültig.
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Jahrgang 1981 aus Straßbourg, ist als freier Journalist für verschiedene Online-Medien in ganz Europa unterwegs – Schwerpunkte sind die Bereiche Finanzen, Immobilien und Politik. Seine fachliche Expertise sammelte er als Berater für Global Player sowie Mittelständler. Fournier studierte Wirtschaft und Deutsch in Paris und Dresden. Zur Zeit lebt er im Saarland und verstärkt seit Anfang 2019 das Euro Leaders-Team.