Russland hat die größten Gasreserven der Erde und ist derzeit Europas wichtigster Gaslieferant. Seine Dollar-Einnahmen erwirtschaftet der Gas-Riese traditionell durch die Ausfuhr von Gas. Betrachtet man das erste Quartal 2020, stellt man fest, dass Russlands Goldexporte erstmals die Gasexporte überflügeln. Woran liegt das?
Russland gibt bei Gold plötzlich richtig Gas
Neuerdings, und gerade in Zeiten der weltweit grassierenden Corona-Pandemie, nimmt die Bedeutung russischen Erdgases in Europa zusehends ab. Die Konkurrenz aus Norwegen drängt in den Markt und macht dem russischen Gasriesen „Gazprom“ mächtig Druck. Aber auch der innerrussische Druck der fünf privaten Energie-Unternehmen wird immer größer.
Weil die USA Schiefergas fördern und auch gleichzeitig exportieren, schrumpft der Umsatz von russischem Gasunternehmen deutlich. Da ist der neue Erlass der russischen Regierung, Goldminenunternehmen den Export von Gold zu erleichtern, durchaus nachvollziehbar.
Statt Einmalgenehmigungen werden nun dauerhafte Genehmigungen von höchster staatlicher Stelle erteilt, um die entstandenen Behinderungen beim Goldexport durch die Corona-Krise zu minimieren. Laut dem Präsidenten der Vereinigung der russischen Goldproduzenten (UGPR), Sergei Kashuba, ist die Idee, verstärkt Gold auf der Basis allgemeiner Lizenzen zu exportieren, bereits seit einem Jahr in den Köpfen staatlicher Entscheidungsträger.
Die russische Zentralbank kauft im Inland kein Gold mehr
Nach China und Australien ist Russland der weltweit drittgrößte Goldproduzent. Experten glauben, dass die russische Goldproduktion in diesem und dem kommenden Jahr deutlich zunehmen wird. Sie prognostizieren ein jährliches Wachstum von 3,7 %. Mit diesen immensen Produktionszuwächsen könnte Russland bis 2029 China von der Spitzenposition der weltweiten Goldproduzenten verdrängen.
„Russlands Goldproduktion wuchs im 1. Quartal 2020 bereits um 5 %, auf 64,606 Tonnen. Parallel dazu setze die russische Zentralbank ihre Goldkäufe im Inland aus. Ein wichtiger Schritt, um die inländische Goldnachfrage bewusst zu senken. Somit ist es Russland möglich, die ausländische Goldnachfrage problemlos bedienen zu können,“ so Killian West vom Berliner Goldhändler valvero.
Der größte russische Goldproduzent „Polyus“ steht hinter der Reform des russischen Goldmarktes. Das betrifft die Gleichstellung der Goldproduzenten mit den lokalen Geschäftsbanken, wie aber auch die Möglichkeit, den Goldexport ins Ausland verstärkt realisieren zu können. Ohne, dass Einmalgenehmigungen immer wieder neu beantragt werden müssen.
Die Corona-Krise scheint den Liberalisierungsprozess der russischen Goldproduzenten nachhaltig in Gang gesetzt zu haben. Die entscheidende Frage ist, was passiert mit der erhofften Exportsteigerung, wenn die russische Zentralbank ihre Goldkäufe wieder in Gang setzt?
Quellen
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/arbeitspapiere/Prognosen_Gasfoerderung_ks.pdf
https://de.sputniknews.com/kommentare/20190228324138610-gold-zentralbank-preise/
https://www.goldreporter.de/gold-russland-gibt-jetzt-richtig-gas/gold/84666/
Jahrgang 1970 aus Köln, ist leitender Redakteur bei Euro Leaders. Der studierte Volkswirt war in verschiedenen Führungspositionen im Handel und der digitalen Wirtschaft unterwegs. Seine Schwerpunkte sind die Bereiche Technologie, E-Commerce sowie klassischer Handel. Der zweifache Familienvater lebt mit seiner Familie im südlichen Rheinland.