Dass die Deutschen ihr Bargeld lieben, ist ein offenes Geheimnis. “Flüssig sein“, wie es im Volksmund so schön heißt. Beim Trinkgeld geben, auf der Kirmes, am Parkschein-Automat, beim Bäcker und am Büdchen. Die Forderung nach der Abschaffung des Geldes, die rund um Deutschland bei unseren europäischen Nachbarn kursieren, kommt für die Mehrzahl der Deutschen (67 %) aber nicht infrage.
Zumindest die Kleinstmünzen?
Über eine mögliche Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen wird trotzdem seit Jahren diskutiert. Diese Forderung stößt auf etwas offenere Ohren. Denn für viele Befragte sind die roten und bisweilen schmuddeligen 1- und 2-Cent-Münzen, von denen es im Euroraum mehr als 60 Milliarden gibt, eher unnötiger Ballast im eh schon prallen, scheckkartengefüllten Portemonnaie.
Angeschoben wurde die Debatte über die Abschaffung der Kleinstmünzen bereits 2013 von der EU-Kommission, also lange, bevor die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Thema neu aufgegriffen hat. Wohl nicht zuletzt auch wegen der gestiegenen Präge- und Auslieferungskosten. Denn die liegen in einigen EU-Ländern höher als ihr Nominalwert. Hinzu kommt, dass viele Bürger ihre 1- und 2-Cent-Münzen zuhause horten, was allein in Deutschland im Jahr 2018 eine Nachprägung von 900 Millionen Münzen erforderlich machte. Eine Rückführung der Bestände in den Geldkreislauf ist im Euroraum pro Zahlung limitiert auf 50 einzelne Münzen.
Andere Staaten runden auf bzw. ab
In Belgien, Irland, Finnland und den Niederlanden ist die 5-Cent-Münze bereits jetzt schon die kleinste Bezahleinheit. Beim alltäglichen Einkauf ist es für sie mittlerweile das Normalste von der Welt auf 5 Cent auf- oder abzurunden.
Aber was macht die deutschen Bargeldliebhaber so misstrauisch und gar störrisch, die durchdachte Bezahlmethode ihrer europäischen Nachbarn zu übernehmen?
Es ist sicherlich nicht die fehlende Infrastruktur, die ein flächendeckendes und bargeldloses Bezahlen in Deutschland unmöglich macht. Es ist vielmehr die Skepsis in die Technik, die ein Großteil der deutschen Bevölkerung hegt, wenn es um bargeldloses Bezahlen geht.
Auch wenn es noch so lästig ist, an der Kasse die 1- und 2-Cent-Münzen „rauszukramen“. Der Auffassung, dass Bargeld freier macht und cash bezahlen immer noch ein Ritual mit Erfolgs- und Großzügigkeitscharakter hat, stimmen nicht nur ältere Menschen zu, sondern auch die 18- bis 29- jährigen der Befragten.
Liebhaber von Sonderprägungen reden mit
Und auch die Jäger und Sammler beeinflussen, wenn auch passiv, die Debatte mit. Zum einen finden viele Leute Gefallen daran, seltene Prägungen aufzuspüren, die für teils 4-stellige Beträge den Besitzer wechseln.
Zum anderen verdient die Edelmetallwirtschaft enorm an Sonderprägungen von Münzen mit speziellen Motiven. Was Kilian West vom Berliner Edelmetallhändler valvero GmbH nur zu bestätigen weiß: „Unsere Prägungen machen nach wie vor zahlreichen Sammlern und Münzfans auf der ganzen Welt Freude. Zudem stellen manche Münzen aus Gold, Platin oder Silber eine gute Anlageform dar.“
Wer in Münzen investiert, tue dies aus verschiedenen Motiven. Manche suchen Beständigkeit, andere eine schöne Erinnerung. Der Wiederverkaufswert von namhaften Anlagemünzen sei in jedem Falle werterhaltend, so West. Kein Wunder also, wieso in Deutschland die kleinen und großen Münzen noch lange über die Theken rollen werden.
Quellen
https://www.ing.de/ueber-uns/wissenswert/cent-muenzen/
https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/wirtschaft_nt/article186418098/Ungeliebte-1-und-2-Cent-Muenzen-bleiben-uns-erhalten.html
Andreas Baaske (*1973) ist freier Autor aus Suhl, der das Euro-Leaders-Team seit 2020 verstärkt. Er konnte leider nicht früher beginnen, da er ob des Wahlkrimis in seiner Heimat vor lauter Aufregung vorher nicht hätte arbeiten können. Jetzt geht es.